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EU-Türkei-Gipfel: Beschlüsse verstoßen gegen Völkerrecht

Zum vorläufigen Ergebnis des gestrigen EU-Türkei-Gipfels erklärt Barbara Lochbihler, menschenrechts- und außenpolitische Sprecherin der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament:

„Mit den gestrigen Beschlüssen verabschiedet sich die Europäische Union von einem System der Schutzverantwortung, das aus gutem Grund nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt worden war. Die geplante Abriegelung der türkisch-europäischen Grenze ist eine asylpolitische Bankrotterklärung und wäre schlichtweg rechtswidrig: Solange die Türkei nicht die Voraussetzungen eines sicheren Drittlandes erfüllt, verstößt die pauschale Abschiebung von Schutzsuchenden gegen geltendes Asylrecht. Das hat auch Filippo Grandi, Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, heute im Europäischen Parlament unmissverständlich bekräftigt.

In dem Zusammenhang ist festzuhalten: Ein sicheres Drittland ist die Türkei mit Sicherheit nicht. Die Genfer Flüchtlingskonvention gilt nicht einmal für Syrerinnen und Syrer, die Grenzschließung im Süden verstößt eindeutig gegen asylrechtliche Grundprinzipien, und immer wieder berichten unabhängige Menschenrechtsorganisationen von der Misshandlung und Abschiebung von Schutzsuchenden selbst in syrische Kriegsgebiete.

Es ist wichtig, mit aller Konsequenz auf europäische Lösungen zu setzen. Von einer gemeinsamen Seenotrettung über die Schaffung sicherer Fluchtrouten bis hin zu einem solidarischen Verteilungsmechanismus – europäische Handlungsmöglichkeiten gibt es zu Genüge. Die geplanten Kontingente wären da ein Schritt in die richtige Richtung. Sie verfehlen aber ihre Wirkung, wenn sie bloß zur Abfederung einer ansonsten lückenlosen Abschottung genutzt werden, und sind kein Ersatz für das individuelle Asylrecht.

Die Verletzung international verbriefter Rechtsgrundlagen als Fortschritt in der EU-Flüchtlingspolitik zu verkaufen, darf nicht unser Weg sein. Gerade in Krisenzeiten ist es entscheidend, dass wir an unseren gemeinsamen Werten und rechtlichen Grundpfeilern festhalten. Die europäischen Mitgliedstaaten tun das genaue Gegenteil: In einem Anflug akuter Kurzatmigkeit drohen sie, asylpolitische und menschenrechtliche Errungenschaften zu verspielen. Sie machen sich von einer immer autokratischeren Türkei abhängig und büßen mit ihrem Schweigen zu massiven Menschenrechtsverletzungen an Glaubwürdigkeit ein.“

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